Schweren Herzens verabschieden wir uns von Malmö und ziehen um nach Trelleborg. Unterwegs besuchen wir gleich zwei besondere Museen. Am Abend starten wir den nächsten Versuch, in einem schonischen Restaurant die einheimische Küche zu kosten, doch dieses Mal ist das Essen schwedischer, als uns lieb ist.
Nach vier Tagen Malmö heißt es wieder einmal Koffer packen. Nur mit Mühe halten wir ein Tränchen zurück, als wir uns von Adam verabschieden. Wir gestehen ihm, dass er der beste Rezeptionist war, den wir je hatten, und beschenken ihn mit reichlich Schokolade. Er ist gerührt und versichert uns, wir seien jederzeit willkommen.
Schnüpi hat zwei Museen zwischen Malmö und Trelleborg gegoogelt, und da beide spannend klingen, wollen wir auch beide besuchen. Die Distanzen zwischen den Ortschaften sind in Südschweden nicht so enorm wie weiter nördlich, darum lässt sich das von der Fahrzeit her gut einrichten.
Das erste Museum liegt in Kämpinge und widmet sich dem Thema Bernstein. Es ist das privat betriebene Museum des begeisterten Sammlers Leif, der mit seiner Frau die ganze Anlage samt Shop verwaltet. Die Eingangstür ist so schmal, dass mein Rollstuhl beinahe steckenbleibt, doch Leif ermutigt mich, ohne Rücksicht auf den Türrahmen drauflos zu fahren. Da ich mich natürlich nicht nur um die Tür, sondern auch um meinen Rolli sorge, dauert es eine Weile, bis ich endlich drinnen bin. Doch die Mühe lohnt sich:
Dieser gewaltige Bernsteinbrocken ist das Highlight einer erstaunlich umfassenden Sammlung. Die Ausstellung ist informativ, und obwohl nicht alle Bereiche den Standards eines öffentlichen Museums entsprechen, sind wir schwer beeindruckt vom Charme des kleinen Museums.
Im Shop ereignet sich dann eine lustige Szene: Ein Kind zeigt verstohlen auf mich fragt seine Mutter, was das sei. Die Mutter hat Flow mit Leifs Frau Englisch sprechen gehört und nimmt darum an, wir seien alle Touristen und könnten kein Schwedisch. Ungehemmt beginnt sie zu erklären: „det är lilla man i vagen“ (das ist ein kleiner Mann in einem Wagen). Ich finde es erfrischend, wie sie geduldig die Fragen des Kindes beantwortet – normalerweise ist Eltern so eine Situation peinlich und sie gehen nicht auf die Neugier des Kindes ein. Als Mutter und Kind den Shop verlassen, nicke ich ihr freundlich zu und verkneife es mir, sie mit einem schwedischen „hej“ zu grüssen.
Wir steigen ins Auto und fahren ganze vier Kilometer zum zweiten Ziel, dem Wikingerdorf Foteviken. Hier wurde – ähnlich wie im dänischen Mittelalterdorf in Nykøbing – eine historische Siedlung nachgebaut. Auch in Foteviken hat man eine tolle Mischung aus Authentizität und Rollstuhlgängigkeit gefunden:
Ich habe schon zahlreiche historische Freilichtmuseen besucht, aber dieses alte Holzgebäude ist das Erste seiner Art, das ich von innen anschauen konnte. Die unscheinbare Rampe an der Eingangsschwelle macht es möglich, ohne den historischen Charakter der Kulisse zu stören. Wir erkunden die Anlage und treffen wieder auf freiwillige Museumsmitarbeiter, die in historischen Kleidern ihr Handwerk wie in alten Tagen ausüben.
Weiter geht’s mit einem Abstecher nach Trelleborg. Wir checken ins Hotel ein, werfen unseren Krempel in die Zimmer und hüpfen gleich wieder ins Auto: Schnüpi hat im Reiseführer die Halbinsel Falsterbo entdeckt, die ‚belebte Straßen mit zahlreichen Cafés und schonischen Restaurants‘‚ haben soll. Nachdem unsere gestrige Erkundungsfahrt ernüchternd gewesen ist, wollen wir uns diesmal an den Reiseführer halten.
Wir fahren nach Falsterbo und treffen tatsächlich auf sowas wie einen Dorfkern, mit zwei leeren Behindertenparkplätzen obendrein. Allerdings sind nicht nur die Parkplätze leer: Die Straßen, in denen laut Reiseführer emsiges Treiben herrschen sollte, sind verlassen; auch Cafés und Restaurants sehen wir keine. Wir drehen eine Runde durch das Dorf, verschmähen eine Pizzeria und einen Dönerladen, und landen außerhalb des Dorfes bei – wie könnte es anders sein – einem Golfplatz.
Dort treffen wir auf ein Ehepaar, das mitsamt den beiden Kindern Golfen geht, und erfahren von ihnen, dass in Falsterbo in der Vorsaison nichts los sei. Erst in zwei Wochen zum Mittsommerfest blühe der Tourismus auf. Nach einem schonischen Restaurant gefragt zucken sie mit den Schultern, ziehen ihr Handy und beginnen zu googeln. Das Gasthaus, das sie uns empfehlen, hat dann jedoch zu, als wir dort aufkreuzen.
Wir fahren zweimal die Halbinsel hoch und runter, bis wir ein Restaurant finden, das geöffnet hat. Dort ist dafür die Hölle los, denn eine Hochzeitsgesellschaft hat den gesamten Innenraum gemietet. Man stellt uns vor die Wahl: auf der windigen Terrasse essen oder weitersuchen.
Im Durchzug (aber dafür mit Blick aufs Meer) setzen wir uns auf die Terrasse und studieren bibbernd die Speisekarte. Wir packen uns in Jacke, Schal, Mütze und Decke (siehe Titelbild des Beitrags) und lachen darüber, dass man mit seinen Wünschen vorsichtig sein sollte: Wir wollten essen wie die Schweden? Voilà! Auch die schwedischen Fischer essen bei knapp zehn Grad in steifer Brise.
Wenn schon, denn schon, sagen sich Schnüpi und ich. Wir bestellen die eisgekühlte Meeresplatte, um das Erlebnis perfekt zu machen (klick drauf):
Schonische Küche
Laut unserem Reiseführer gilt der schwedische Norden als das Herz des Landes, die Mitte als der Kopf, und der Süden als der Magen. Die schonische Küche genießt dabei einen besonderen Stellenwert.
Die Basis der schonischen Küche bilden Kohl, Kartoffeln und Hülsenfrüchte. Dazu wird wie bei uns oft mit Milch und Eiern gekocht. Eine zentrale Rolle spielt natürlich Fisch, vor allem Dorsch, Hering und Lachs, die man in den allgegenwärtigen Fischräuchereien fangfrisch oder geräuchert kaufen kann. Dazu kommen Hummer, Aal, Muscheln und weitere Meeresfrüchte.
Drei traditionelle Gerichte sind u.a. ‚varmrökt lax‘ (warmgeräucherter Lachs), die Martinsgans am Vorabend des 11. Novembers, sowie ‚spettekaka‘ (Spießkuchen). Der Spießkuchen wird aus Eiern, Kartoffelstärke und Zucker hergestellt und ist äußerst nahrhaft.